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Datum: 05.12.2018

Die Amtskette des Rektors der Universität Bonn - ein Aufsatz

Was heute zum gewohnten Bild feierlicher Anlässe der Universität gehört, der Rektor mit goldbesticktem rot-samtenen Radmantel und umgehängter goldener Amtskette, quasi den Insignien seiner Macht, war das Ergebnis jahrzehntelangen nachdrücklichen Insistierens - berichtet Prof. Dr. Gisbert Knopp in diesem Aufsatz.

Bei der am 18.Oktober 1818 durch König Friedrich Wilhelm III. erfolgten Gründung der Universität, wie auch bei der Festsetzung der Statuten zehn Jahre später war es versäumt worden, Bestimmungen über die Amtstracht des Rektors und der Dekane, vor allem aber über die Amtskette des Rektors aufzunehmen. Alle Versuche der nächsten Jahrzehnte, das Versäumte nachzuholen und dem Rektor zu einer „goldenen Kette mit dem Brustbild Sr. Majestät“ zu verhelfen, blieben in Berlin ungehört.

"... mit umgehängter Amtskette [...] Ordnung und Achtung gegen das Gesetz aufrecht erhalten"

Selbst die Andeutung, dass die vom selben königlichen Stifter gegründeten Universitäten in Berlin und Breslau längst ein derartiges „Rektoratsinsigne“ besäßen, oder aber der Hinweis auf die Vorteile eines Brustbildes Sr. Majestät am Hals des Rektors für die Aufrechterhaltung der akademischen Disziplin führte nicht zu dem gewünschten Erfolg. Was damit gemeint war, erläutern Rektor und Senat mit dem Hinweis auf vorausgegangene Unruhen in einem Schreiben vom 30. November 1830 an den Kultusminister: Wenn nun gleich dieses Insigne an die erhabene Person seiner Majestät erinnert, so darf der Rektor allein durch sein Erscheinen – mit umgehängter Amtskette – um so mehr hoffen, Ordnung und Achtung gegen das Gesetz aufrecht zu erhalten.

Auch der Universitäts-Kurator Philipp Joseph von Rehfues unterstütze das Anliegen einer Amtskette für den Rektor nachhaltig: „Diese Dekoration würde mit der schwarzen Kleidung und einem Stoßdegen den Rektor allerdings auf eine ebenso würdige, als einfache Weise auszeichnen“. Auch bei verschiedenen Anlässen wie der „Huldigung seiner Majestät des Königs“ wurde es vom Rektor als eine schmerzliche Zurücksetzung der hiesigen Lehranstalt empfunden, dass er allein unter den Rektoren und Prorektoren der Auszeichnung der goldenen Kette entbehrte. Auch der Regierungswechsel und das 25jährige Universitätsjubiläum vermochten hier nichts auszurichten.

An einer grundsätzlichen Abneigung oder Animosität des Königs gegen die Bonner Universität kann es nicht gelegen haben, denn sonst hätte er nicht die ungeheure Summe von 22.362 Mark für die Ausmalung der Aula durch Cornelius Schüler bereitgestellt; lag es vielleicht eher an den berufenen Professoren.


Beglückende Auszeichnung

Erst Kultusminister Karl Otto von Raumer konnte unter dem Datum des 17. August 1853 dem Universitäts-Kuratorium in einem Erlass mitteilen, "daß des Königs Majestät auf den früher vorgetragenen Wunsch der dortigen Universität dem Rektor derselben mittels Allerhöchster Ordre vom 30ten v. M. die an vergoldeter Kette von Silber um den Hals zu tragende goldene Medaille mit dem Brustbilde ihres Stifters, des hochseligen Königs Majestät, wie solche von den Directoren [sic] in Berlin und Breslau getragen wird, huldreichst zu verleihen geruht haben. Die Medaille wird bei allen feierlichen Gelegenheiten, bei welchen der Rector als solcher erscheint, angelegt, und unter dem Mantel getragen“. Geradezu theatralisch ist denn auch die Reaktion von Rektor und Senat „...den ehrfurchtsvollen Dank der Universität für die sie beglückende Auszeichnung an den Stufen des Thrones niederzulegen“.

Die Kette ist, wie vorgeschrieben, tatsächlich silbervergoldet, bestehend aus einfachen, kleinen runden Gliedern. Die daran zweifach fixierte Medaille misst im Durchmesser 75mm, ist zweiseitig geprägt; die beiden Teile mit einer Distanzschicht von Schamotte zusammen verlötet. Sie zeigt auf der Vorderseite das Bildnis des Königs im Profil nach rechts mit der Umschrift  * FRIDERICVS. GVILELMVS.  III.  BORVSSIAE.  REX. VNIV.  LITT.  STATOR. * Die Rückseite trägt in der Mitte das Datum:  D. XVIII: OCTBR: MDCCCXVIII und die Umschrift VNIVERSITATE. LITTERARVM. RHENANA. CONDITA.

Amtskette

Die Anfertigung der Ehrenkette des Bonner Universitätsrektors sollte im Auftrag der Regierung durch den Berliner Hofjuwelier Hermann Julius Wilm erfolgen, in ihrer Gestaltung, insbesondere dem anhängenden großen Schaustück genauestens dem der Universitäten von Berlin und Breslau entsprechen. Dies trifft – was nicht wundert – lediglich in abgeänderter Form für die Umschriften zu, nicht aber für den bildlichen Teil: Die Porträtmedaille der Berliner Universität trägt das Brustbild des Königs in Uniform und Hermelin mit Ordensschmuck und weicht somit von dem Bonner Bildnis erheblich ab. Sie hat allerdings große Ähnlichkeit mit einer von Gottfried Schadow 1817 /18 geschaffenen Medaille.

Die Bonner Medaille zeigt hingegen im Porträt des Königs auffallende Ähnlichkeit mit einer Medaille der Berliner Königlichen Akademie der Wissenschaften, die diesem 1829 als "Protector" gewidmet worden war. Es nimmt dies nicht Wunder, findet sich doch am Halsansatz beider Porträts der Hinweis auf den Stempelschneider "Brandt fec". Henri François Brandt, geboren 1789 in Neuchätel, gestorben 1845 in Berlin, begann seine Ausbildung bei einem Graveur in seiner Heimatstadt. Während eines Aufenthaltes in Rom 1814-17 wird er von Canova, Thorvaldsen, Camuccini und Rauch unterrichtet. Auf Empfehlung Rauchs wird er 1817 vom preußischen Finanzminister als Erster Medailleur der Königlichen Münze nach Berlin berufen. Zwischen 1821 und 1845 gestaltete er ca. 40 neue Münzen ebenso zahlreich sind die von ihm geschaffenen Medaillen und Gedenkmünzen.

Der Hofjuwelier Wilm benutzte also für das Medaillon der Bonner Rektorkette einen Stempel des Medailleurs Brandt. Der Name Brandt taucht auch bei anderen Profilbildnissen Friedrich Wilhelms III. auf, für die nachweislich Christian Daniel Rauch - der bedeutendste Bildhauer des deutschen Klassizismus nach Schadow - die Entwürfe lieferte. Es ist überliefert, dass Rauch auch eine Reihe von Porträtreliefs Friedrich Wilhelms III. bearbeitet hat.

Rauch, der mit dem Grabmal für die früh verstorbene Königin Luise 1810 den eigentlichen künstlerischen Durchbruch geschafft hatte, schuf von Friedrich Wilhelm III. zwei Büsten-Typen, die für viele Repliken und auch Medaillenschnitte u.a. durch Brandt, Gube, Held, Jachtmann vorbildlich wurden.

Die erste Königsbüste Rauchs 1814/15 zeigt Friedrich Wilhelm III. mit und ohne Uniform mit kurzen gleichmäßig geordneten Haarsträhnen. Die zweite Büste entstand 1826 "nach dem lebenden Modell". Von daher galt sie als besonders charakteristisches Porträt des Königs und war - in verschiedenen Materialien von Gips bis Eisen ausgeführt - ein beliebtes Geschenk für die Mitglieder des preußischen Königshauses; sie erlangte fortan eine Art kanonische Gültigkeit.

 

KönigsbüsteEin Bronzeabguss - sign. und dat.: C. RAUCH A.V. FEC. 1826 GEGOSS: CIS: C: Fischer 1831 - gelangte wohl als Geschenk in Erinnerung an den königlichen Stifter und Namengeber an die Bonner Alma mater, wo sie heute noch im Aufgang zum Rektorat "in monarchischer Reserve" wohl postiert ist. Zu der Erscheinung tragen das edle Material und die meisterhaft prägnante Ziselierung entscheidend bei. Ziseleur und Gießer unserer Büste war der in Berlin 1868 noch nachweisbare Christoph Heinrich Fischer. Er hat wohl die größte Zahl von Rauch­Entwürfen in Bronze umgesetzt.

Ein Vergleich der Rauch-Büste, insbesondere in der Seitenansicht, mit dem Profilmedaillon unserer Universitätskette zeigt trotz kleiner Detailunterschiede deutlich die Abhängigkeit beider voneinander. Es besteht demnach kein Zweifel, dass Brandt ein Entwurf der Büste Rauchs für seinen Stempel der Bonner Universitäts-Medaille vorgelegen hat.

 

Doch kein „Gold gab ich für Eisen“

Die Freude über die Auszeichnung hielt nur etwas mehr als ein halbes Jahrhundert und es hätte nicht viel gefehlt, da wäre die Universität am hundertsten Jahrestag ihrer Gründung der kostbaren, schmerzvoll entbehrten, lang ersehnten Medaille schon wieder verlustig gewesen. Der Losung „Gold gab ich für Eisen“ folgend, entschließt sich der Senat am 13. September 1917 zur Überweisung der goldenen Amtskette des Rektors an die Goldbestände des Reiches. Die Sayner Hütte fertigte einen Abguss der Medaille in Eisen. Hatte sich niemand die Kette genauer angeschaut oder in dem Erlass von 1853 nachgelesen?  die Kette war nämlich nur silber-vergoldet und die Medaille aus dünnem Goldblech geprägt als Hohlkörper. Deshalb blieb sie der Universität erhalten, im Gegensatz zur eisernen Replik, die nicht mehr auffindbar ist.

Unter dem Rektorat von Professor Dr. Matthias Winiger wurde 2007 die Gliederkette gegen eine neue aus der Bonner Goldschmiede Peter H. Raths ausgetauscht. Sie besteht aus ellipsenförmigen  Elementen, die mit runden Kettengliedern verbunden sind.

Autor: Prof. Dr. Gisbert Knopp

Der Historiker Professor Knopp war zuletzt stellv. Landeskonservator und ist seit 2007 Ehrenbürger der Universität Bonn.

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