Bundespräsident beim Jubiläum: Universität braucht Freiheit
Mit einem Festakt im World Conference Center und einer impulsgebenden Rede von Bundespräsident Frank Walter Steinmeier zur Freiheit des Denkens als Grundlage jeder Demokratie hat das Jubiläumsjahr der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität am Donnerstag, 18. Oktober, seinen Höhepunkt erreicht.
Der Festakt fand auf den Tag genau 200 Jahre nach Unterzeichnung der Gründungsurkunde durch den preußisch-protestantischen Monarchen anno 1818 statt. An der Feier im ehemaligen Plenarsaal nahmen auch der stellvertretende Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen und Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration, Dr. Joachim Stamp, NRW-Wissenschaftsministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen sowie mehr als 1.000 hochrangige Gäste aus dem öffentlichen Leben teil, darunter Mitglieder des diplomatischen Corps und Gratulanten von Partneruniversitäten aus aller Welt.
Ökumenischer Festgottesdienst
Begonnen hatte der Festtag mit einem ökumenischen Gottesdienst in der Schlosskirche, der vom Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Manfred Rekowski, dem Kölner Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki, dem Bischof der Alt-Katholiken in Deutschland, Matthias Ring, sowie von Augoustinos Lambardakis, dem Erzbischof und Metropolit der griechisch-orthodoxen Kirche in Deutschland zelebriert wurde. Im Mittelpunkt stand die schon 1818 besondere Bedeutung einer paritätischen Hochschule mit einer Evangelisch- sowie einer Katholischen-Theologischen Fakultät. Das Motto und Logo des Jubiläumsjahres, das preußisch-sparsam verschnörkelte „Wir“ als erstes Wort der Gründungsurkunde, sei auch als Aufruf zu Toleranz und Nächstenliebe, gegen Ausgrenzung und Fremdenfeindlichkeit zu verstehen.
(v.l.) Dr. Rainer Maria Kardinal Woelki, Erzbischof von Köln, Manfred Rekowski, Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Dr. h.c. Augoustinos Labadakis, Erzbischof und Metropolit der griechisch-orthodoxen Metropolie von Deutschland und Dr. Matthias Ring, Bischof der Alt-Katholiken in Deutschland. Foto: Barbara Frommann
Festakt im ehemaligen Plenarsaal
Der Bundespräsident skizzierte in seiner Festrede im ehemaligen Plenarsaal des Deutschen Bundestags, der heute zum World Conference Center Bonn (WCCB) gehört, den historischen Weg der Bonner Universität, die von Anfang an untrennbar mit der Geschichte der deutschen Demokratie verbunden gewesen sei: „ein verschlungener Weg mit Um- und auch Abwegen“, der über die Frankfurter Paulskirche 1848 bis in die Weimarer Republik von 1918 bis 1933 geführt habe. Steinmeier zitierte die Namen der führenden Köpfe aus 200 Jahren Bonner Universitätsgeschichte – von August Wilhelm Schlegel bis zu Thomas Mann, dessen 1919 an-, 1936 ab- und 1947 wieder zuerkannte Doktorwürde ein eher unrühmliches Kapitel sei. Und dennoch ein anschauliches Beispiel dafür, wie schwer sich Deutschland auf dem Weg zur heutigen freiheitlich-demokratischen Grundordnung getan habe. Den Hochschulen komme darin als Zentren des wissenschaftlichen und politischen Diskurses eine besondere und auch besonders schützenswerte Bedeutung zu. „Sie sind Orte der Diskussion über die Maßstäbe des Sagbaren und des Unsäglichen, über die Grenzen und den Nutzen neuer Ideen. Ja, die Universität braucht Freiheitsräume – aber an der Universität werden Freiheitsräume auch überhaupt erst verhandelt und definiert.“ Diese Freiheit könne nicht von Königs Gnaden gewährt oder von oben herab geliehen, sondern sie müsse vielmehr aus der Gesellschaft selbst heraus garantiert und verteidigt werden. So wie es Aufgabe der Universitäten sei, ihre demokratische Verantwortung anzunehmen und über Hörsäle und Labore hinaus zu tragen.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Foto: Volker Lannert
Der Bundespräsident gratulierte der Bonner Alma Mater zu der am 27. September verkündeten Auszeichnung von sechs Exzellenzclustern als fächerübergreifenden und zukunftsweisenden Forschungsprogrammen. Auch dies sei ein Beispiel dafür, dass Deutschland in Exzellenz und Breite gleichgermaßen weltweitzur akademischen Oberliga zähle. Dass dieses Land „fortschrittsfeindlich und technikängstlich“ sei, glaube er persönlich nicht. Auch angesichts dessen, was die Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität bereits geleistet habe, was sie auch weiterhin leisten werde.
Bonns Oberbürgermeister Ashok Sridharan betonte die Verbundenheit mit der Stadt und dem täglichen Leben dort; in dem sieben Fakultäten, 38 000 Studierende und 550 Hochschullehrer ihre unübersehbaren Akzente setzten. NRW-Minister Stamp plädierte für eine Gemeinschaft in Vielfalt als Antwort auf ein Klima der Angst und der Abschottung. Die drei T –Technologie, Talent und Toleranz“ – seien Wegmarken in der Geschichte und für die weitere Zukunft dieser Hochschule. Denn Wissenschaft bedeute, ohne Grenzen zu denken.
Rektor: "Den Wandel gestalten"
Rektor Prof. Dr. Dr. h.c. Michael Hoch bedankte sich bei Bundespräsident Steinmeier für das Geschenk seiner Rede. In einem solchen Klima der Freiheit, des gegenseitigen Respekts und der Toleranz könne Geschichte – auch Universitätsgeschichte – Identität stiften. Von der 1818 im weit entfernten Berlin „eher widerwillig geleisteten Unterschrift“ des Preußenkönigs über die mit antifranzösischen Kampfansagen durchsetzte 50-Jahr-Feier 1868 bis zum 50 Jahre später direkt nach dem Ersten Weltkrieg ausgefallenen 100-jährigen Jubiläum sei es ein weiter und tatsächlich auch verschlungener Weg gewesen. Um so glücklicher und dankbarer sei er, 2018, im Jahr des 200-jährigen Bestehens hier Rektor sein zu dürfen – in einem freien und demokratischen Land, das sich neuen Herausforderungen zu stellen habe: „Die Frage dabei ist nicht, ob wir den Wandel wollen. Danach wird uns niemand fragen. Die Frage ist, wie wollen wir ihn gestalten.“
Rektor Prof. Dr. Dr. h.c. Michael Hoch. Foto: Volker Lannert
Staatspreise für Doktorandinnen und Doktoranden
Es ist guter Brauch, dass zum Beginn des neuen akademischen Jahres Preise an herausragende Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler verliehen werden, die Regierungen befreundeter Länder und der DAAD gestiftet haben. Anlässlich des Universitätsjubiläums waren Abgesandte der preisverleihenden Nationen persönlich gekommen, um diese Preise zu überreichen.
Den US Ambassadors Award überreichte die Generalkonsulin der Vereinigten Staaten von Amerika, Fiona Evans, an Cara Krzesowik. Philip Freytag erhielt den Prix de la République Française aus den Händen von Botschafterin Anne-Marie Descôtes. Den Queen’s Prize nahm Sophie Gnech aus den Händen der Botschaftsrätin für Wirtschaft und EU, Rachel King, entgegen. Den Premio Rey de Espana des Königreichs Spanien überreichte der Dekan der Philosophischen Fakultät, Professor Volker Kronenberg, an Paul Emschermann.
Den DAAD-Preis des Deutschen Akademischen Austauschdienstes erhielt in diesem Jahr Helena Bornemann für hervorragende akademische Leistungen, vor allem aber auch für ihr bemerkenswertes soziales und hochschulinternes Engagement. Dr. Dorothea Rühland, Generalsektretärin des DAAD, übernahm es, die Preisträgerin auszuzeichnen.
Die Staatspreisträgerinnen und -träger mit Bundespräsident und Rektor. Foto: Volker Lannert
Die vollständige Rede des Bundespräsidenten gibt es auf der Website des Bundespräsidialamtes.
Die Rede des Rektors der Universität Bonn finden Sie hier.