Heinrich Hertz, Physiker
Der Meister der Funkwellen
Der Nobelpreis ist schon eine schöne Auszeichnung. Aber inzwischen gibt es doch sehr, sehr viele Forscher und Forscherinnen, die ihn erhielten. Tatsächlich gibt es noch größere Ehren in der Welt der Wissenschaft. Zum Beispiel, wenn der Name eines Forschers auch in die Alltagssprache eingeht, weil eine eigene Maßeinheit diesen Namen trägt. Diese Ehre ist dem Bonner Physiker Heinrich Hertz widerfahren. Kein Rundfunk, keine Schall-, keine Lichtwelle kommt ohne die Angabe der Frequenz aus, die in „Hertz“ gemessen wird, der Zahl der Schwingungen dieser Welle pro Sekunde.
Heinrich Rudolf Hertz, geboren 1857 in Hamburg, entstammte einer angesehenen Familie der Hansestadt; sein Vater war jüdischer Herkunft, aber zum Protestantismus übergetreten. Heinrich wollte zunächst Ingenieur werden und begann das Fach in Dresden zu studieren, wechselte aber schon nach einem Semester zur Mathematik und Physik über. 1880 promovierte er in Berlin und war anschließend Assistent des Physikers Hermann von Helmholtz. 1883 bekam er eine Privatdozentur an der Universität Kiel, 1885 dann eine Professur an der Technischen Hochschule Karlsruhe.
In Baden forschte er am Problem der „elektromagnetischen Wellen“: Der schottische Physiker James Clerk Maxwell hatte sie 1864 in vier Gleichungen theoretisch beschrieben. Heinrich Hertz war 1886 der erste, dem es gelang, sie im Labor zu erzeugen und von einem Ort zum anderen zu übertragen, und er konnte beweisen, dass sie den gleichen physikalischen Gesetzen gehorchen wie das Licht. Für diese bahnbrechende Entdeckung, die bis heute eine tragende Säule unserer Technik ist, hätte er wohl den Nobelpreis erhalten – hätte es den erst nach seinem Tode gestifteten Preis schon gegeben. Hertzens Neffe Gustav Ludwig holte es nach: Er bekam die Auszeichnung im Jahre 1925.
„Seine“ elektromagnetischen Wellen machten Heinrich Hertz weltberühmt. Renommierte Universitäten riefen ihn an ihre Katheder (etwa die von Berlin, die von Gießen, sogar amerikanische Hochschulen). Hertz entschied sich 1889 für die Universität Bonn. In der Folgezeit entstand sein wichtiges Lehrbuch „Die Prinzipien der Mechanik in neuem Zusammenhange dargestellt“ (posthum erschienen 1894); zudem konstruierte er das „Bonner Parabolspiegelpaar“, mit dem sich die Übertragung elektromagnetischer Wellen sichtbar machen lässt.
Eine lange Zeit des Wirkens war dem Physiker am Rhein jedoch nicht beschieden. 1892 diagnostizierten die Ärzte bei ihm die „granulomatöse Polyangiitis“, eine zerstörerische Entzündung der Blutgefäße. Was die Krankheit genau auslöst, ist bis heute unklar; genannt werden unter anderem das Einatmen von Allergenen und eine Staphylokokken-Infektion der Nasenschleimhäute. Am Neujahrstag 1894 starb Heinrich Hertz mit nicht einmal 38 Jahren. Er ist auf dem großen Ohlsdorfer Friedhof seiner Geburtsstadt Hamburg begraben. Er musste nicht mehr erleben, wie die Nationalsozialisten vier Jahrzehnte später seine Witwe Elisabeth und seine Töchter Matilde und Johanna ins Exil nach Großbritannien trieben. Zur offenen Auseinandersetzung mit der Vergangenheit gehört auch die Erinnerung an das leider wenig wissenschaftliche Verhalten des Bonner Physikers und Hertz-Schülers Philipp Lenard (1862-1947): Der Physik-Nobelpreisträger von 1905 wurde im NS-Reich zu einem der Hauptvertreter der „Deutschen Physik“, die in der bisherigen Naturwissenschaft einen angeblichen „jüdischen Geist“ vermutete. Man überlegte sogar, ob sich die 1933 (!) international eingeführte Maßeinheit „Hertz“ nicht in „Helmholtz“ umbenennen ließe – (die Abkürzung „Hz“ hätte sich dabei perfiderweise beibehalten lassen).
1913 wurde das neue Physikalische Institut im Stadtteil Poppelsdorf eröffnet: Zum Gedenken an den berühmten Bonner Forscher ist darin ein „Heinrich-Hertz-Raum“ eingerichtet. Und wie an seine Bonner Forscherkollegen LINK Friedrich Wilhelm Argelander und LINK August Kekulé erinnert sogar der Nachthimmel an ihn: Seit 1996 trägt der Asteroid Nummer 16761 seinen Namen. 2021 möchte das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt den Kommunikationssatelliten „Heinrich Hertz“ (H2sat) in den Orbit schießen.
(c) Heinrich Hertz, Foto: Archiv/Universität Bonn