Die Gründerjahre: 1818 bis 1847
Wissenschaft bedeutet Exaktheit. Darum muss betont werden, dass im Jahre 2018 nicht „die Universität Bonn“ ihr 200-jähriges Bestehen feiert, sondern die „Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn“. Sie ist nicht die erste Hochschule, die in der Stadt am Rhein entstand: Das war die „Maxische Axademie“ gewesen, gegründet 1777 unter Kurfürst Maximilian Friedrich von Königsegg-Rothenfels und zehn Jahre später durch kaiserliches Patent zur Universität erhoben. Sie war eine von damals drei Universitäten der Rheinlande neben Köln (gegründet schon 1388) und Duisburg (gegründet 1655 durch das brandenburgisch regierte Herzogtum Kleve als „protestantisches Gegenstück“ zu der katholischen Kölner Hochschule); im Unterschied zu den zwei konfessionell gebundenen Schwestern empfand sie sich ausdrücklich dem Geist der Aufklärung verpflichtet. Als 1794 die französischen Revolutionstruppen das Rheinland besetzten und die kurfürstliche Herrschaft endete, bedeutete dies auch das Aus für die erste Bonner Universität: 1798 wurde sie geschlossen. Die 410 Jahre alte Universität Köln teilte ihr Schicksal.
Als nach dem Zusammenbruch des napoleonischen Reiches die Siegermächte Europas die Landkarte auf dem Wiener Kongress neu ordneten, schlugen sie das Rheinland dem Königreich Preußen zu. Am 5. April 1815 ergriff König Friedrich Wilhelm III. in einer Urkunde offiziell Besitz von seinem neuen Territorium und erklärte zugleich „den aus Landesväterlicher Fürsorge für ihr Bestes gefaßten Entschluß, in Unsern Rheinlanden eine Universität zu errichten“. Wo die liegen sollte, wurde zunächst heftig diskutiert; Köln rechnete sich natürlich große Chancen aus, wieder zum Zuge zu kommen. Bonn jedoch hatte einen wichtigen Standortvorteil: die gleich zwei großen Schlösser des früheren Kurfürsten boten dort viel Platz für Lernende, Lehrende und Bibliotheken. Fast jedoch wäre noch vor dem Beginn alles wieder zu Ende gewesen: Die deutsche Einigungsbewegung erstarkte, Universitäten galten dem König plötzlich als gefährliche Ballungspunkte staatsfeindlicher Umtriebe. Erst im Oktober 1818 gelang es, dem Monarchen bei einem Aufenthalt in Aachen die Neugründung fürs Rheinland förmlich abzuringen. Eiligst wurde die Stiftungsurkunde ausgefertigt – nicht auf Pergament, sondern nur auf schlichtem Papier – und per berittenem Boten nach Bonn gebracht. Es war die dritte Neugründung einer Universität in Preußen nach Berlin (1810) und Breslau (1811). Bestandteil des Erlasses war auch die endgültige Aufhebung der Universität Duisburg (die erst 1972 als „Gesamthochschule“ wiedererstand).
Die neue „Rhein-Universität“ bestand zunächst aus fünf Fakultäten (evangelische und katholische Theologie, Medizin, Philosophie und Rechtswissenschaften) mit insgesamt 35 Professoren; 1827 kamen noch zwei Lehrstühle für die juristische Fakultät hinzu. Gelehrte von bedeutendem Ruf eilten an den Rhein, darunter der Historiker Ernst Moritz Arndt, der Althistoriker Barthold Georg Niebuhr und der Philologe August Wilhelm Schlegel. Doch direkt nach ihrer Gründung geriet die neue Hochschule in schweres Fahrwasser: 1819 verfügten die „Karlsbader Beschlüsse“ die „Demagogenverfolgung“ gegen national und liberal eingestellte Studenten und Dozenten. Studentenverbindungen wurden verboten, so manchen Professor traf das Berufsverbot – auch Ernst Moritz Arndt, kaum dass er in Bonn seinen Dienst angetreten hatte. Andere Forscher (darunter die Brüder Wilhelm und Jacob Grimm und der Philosoph Friedrich Schelling) zogen es vor, dem Ruf an die in königliche Ungnade gefallene Hochschule nicht zu folgen. Erst als im Jahre 1840 König Friedrich Wilhelm IV. den preußischen Thron von seinem verstorbenen Vater erbte, wurden die „Ehrenstrafen“ aufgehoben. Der neue König gestand der Hochschule 1853 auch endlich eine eigene Amtskette zu – sie stammten pikanterweise von der 1818 geschlossenen Universität Duisburg. Seit 1828 durfte die Rhein-Universität sich zudem „Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität“ nennen.
(c) Arkadenhof 1839, Foto: Archiv/Universität Bonn